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Freitag, 5. Juni 2009
Die tägliche Aufgabe
missinterpret, 15:30h
Meine mir täglich bevorstehende Herausforderung hat mehrere Aspekte: Ich muss gut auf mich selbst aufpassen und meinem Körper das geben, was er braucht. Ich muss mich von Schokolade, Kuchen, Gummibärchen und sonstigen "reinrassigen" Süßigkeiten fernhalten um nicht sofort die Gier in mir anzufachen. Ich bin gerade dabei, einen Plan zu entwickeln nach dem ich meine tägliche Nahrungsaufnahme ausrichten kann. Momentan peile ich drei Hauptmahlzeiten am Tag an, dazu zwei Zwischenmahlzeiten um nicht in "Hungerlöcher" zu fallen. Aktuell muss ich gerade herausfinden, ob es etwas anderes als Obst gibt das als ein solcher Snack taugt und das meine Sucht nicht sofort dazu bringt, zum Angriff zu blasen.
Als Essgestörte habe ich natürlich nicht das rationalste Verhältnis zum Essen und habe deshalb vor, mich an eine Ernährungsberatung zu wenden um mein Vorgehen mit ihnen abzustimmen - so kann ich sichergehen, dass ich keinen Quatsch fabriziere. Gestern hätte ich eigentlich einen Termin bei einer Vebraucherzentrale in meiner Nähe gehabt um genau das zu tun. Leider war der Öffentliche Personennahverkehr gegen mich - Zug verpasst. Nun warte ich darauf, dass die nette Dame von der Verbraucherzentrale mir Adressen von seriösen Instituten in meiner unmittelbaren Umgebung zuschickt. Gerade in dieser Branche sind so verdammt viele Scharlatane mit Diätpülverchen unterwegs, dass ich wirklich vorsichtig bin.
Ich bin wirklich gerade auf etwas, das mit einer Expedition in unentdecktes Gebiet vergleichbar ist. Ich finde langsam heraus, was für mich stimmig ist, was ich tunlichst vermeiden sollte und wo die kritischen Punkte liegen. Ich mache die Erfahrung, dass Abstinzenz von der Sucht für mich nicht nur sinnvolles Essen bedeutet sondern auch, mich geistig nicht abzuschalten - der Autopilot bringt mich auf Pfade, die ich nicht gehen möchte. Ich versuche, bei mir zu bleiben und meine Bedürfnisse richtig einzuordnen, weiß aber auch, dass mir der gut ausgebaute Weg der Sucht immer offen stehen wird, mit dutzenden großen Hinweisschildern versehen. Trotzdem, mein Kompass ist eingenordet - jetzt lerne ich, ihm zu folgen.
Als Essgestörte habe ich natürlich nicht das rationalste Verhältnis zum Essen und habe deshalb vor, mich an eine Ernährungsberatung zu wenden um mein Vorgehen mit ihnen abzustimmen - so kann ich sichergehen, dass ich keinen Quatsch fabriziere. Gestern hätte ich eigentlich einen Termin bei einer Vebraucherzentrale in meiner Nähe gehabt um genau das zu tun. Leider war der Öffentliche Personennahverkehr gegen mich - Zug verpasst. Nun warte ich darauf, dass die nette Dame von der Verbraucherzentrale mir Adressen von seriösen Instituten in meiner unmittelbaren Umgebung zuschickt. Gerade in dieser Branche sind so verdammt viele Scharlatane mit Diätpülverchen unterwegs, dass ich wirklich vorsichtig bin.
Ich bin wirklich gerade auf etwas, das mit einer Expedition in unentdecktes Gebiet vergleichbar ist. Ich finde langsam heraus, was für mich stimmig ist, was ich tunlichst vermeiden sollte und wo die kritischen Punkte liegen. Ich mache die Erfahrung, dass Abstinzenz von der Sucht für mich nicht nur sinnvolles Essen bedeutet sondern auch, mich geistig nicht abzuschalten - der Autopilot bringt mich auf Pfade, die ich nicht gehen möchte. Ich versuche, bei mir zu bleiben und meine Bedürfnisse richtig einzuordnen, weiß aber auch, dass mir der gut ausgebaute Weg der Sucht immer offen stehen wird, mit dutzenden großen Hinweisschildern versehen. Trotzdem, mein Kompass ist eingenordet - jetzt lerne ich, ihm zu folgen.
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Montag, 25. Mai 2009
Bleibt alles anders
missinterpret, 21:24h
Ein Monat Stille hier auf Fressgewohnheiten - aber kein Monat des Stillstands.
Nach endlos scheinenden Monaten des Zögerns, des Leugnens und der Unzufriedenheit war ich soweit, mich wieder in psychotherapeutische Behandlung begeben zu wollen. Ich wartete also die Sprechzeiten des hiesigen AStA ab und sprach mit einer Dame von der psychologischen Beratungsstelle, die mir essentiell sagte: "Ihre Weigerung, ihr Problem anzugehen hat einen Grund. Ihr persönlicher Leidensdruck ist wohl noch nicht hoch genug - vielleicht muss tatsächlich erst ihre Beziehung in die Brüche gehen." Ich hätte sie am liebsten geohrfeigt für diesen Satz und war deshalb zunächst nicht mehr wirklich aufnahmebereit für das, was sie mir zu sagen hatte. Erst im Nachhinein und im Gespräch mit meinem Partner und Freunden habe ich dann festgestellt, dass sie auch etwas sehr wahres und wichtiges gesagt hat. Nämlich, dass sie sehr viel Angst bei mir wahrnimmt. Angst vor der Veränderung und den Auswirkungen auf mein restliches Leben, aufgrund derer ich es scheue, die Verantwortung für meine Genesung zu übernehmen. Darüber hinaus hat sie auch noch einige ziemlich unqualifizierte Äußerungen zu OA und Selbsthilfe gemacht aber wenigstens mit dem Aspekt der Angst hat sie ins Schwarze getroffen. Das hat mich nachdenklich gemacht. Ich würde mich selbst nie als ängstlich beschreiben. Mit diesen Gedanken trug ich mich eine Weile, um dann, an einem verregneten Freitag ohne klare Tagesplanung, den OA-Dokumentationsfilm des Bremer Meetings einzulegen.
Ich kann noch immer nicht genau sagen, was es war - aber nach Ende der DVD hatte ich das Bedürfnis, in OA Literatur zu lesen und blieb bald an der Arbeit in den 12 Schritten hängen. Und wo ich noch zwei Wochen zuvor klar mit nein geantwortet hatte (nämlich auf die Frage danach, ob man bereit sei, sein Leben zu verändern), antwortete ich jetzt mit JA. Nach kurzer Bedenkzeit fiel mir auch bald eine "höhere Macht" ein, mit der ich mich wohlfühle. Ich, die ich ziemlich areligiös aufgewachsen bin und mit dem Konzept des christlichen Gottes nicht viel anfangen kann, ich kann glauben, dass von jedem Menschen auf der Welt eine weitere, quasi "göttliche" Version existiert. Der Mensch, der MissInterpret sein könnte wenn sie keine Fehler hätte - die ideale Version meiner Selbst, mit meinen Charakteristika und Vorlieben aber ohne meine Macken. Auch das ist natürlich weit entfernt von Logik aber ein Konzept, das mir selbst noch so nahe steht, dass ich mich nicht durch irgendein fremdes, überirdisches Wesen "bevormundet" fühlen muss. Ich kann es trotz meiner üblichen Bockigkeit bei Bevormundung akzeptieren, wenn meine Idealausgabe, meine "große Schwester" wie ich sie zu nennen pflege, mich zurechtweist oder mir Ratschläge erteilt.
Es war mein Durchbruch. Endlich eine höhere Macht, die weiser, gerechter, liebevoller und vernünftiger ist als ich und die mir trotzdem nicht mit erhobenen Zeigefinger begegnet sondern mit Verständnis - sie ist ja schließlich so wie ich. Seit dem 8. Mai 2009 ist es, als wäre eine schwere Last von meinen Schultern genommen. Ich habe endlich das Gefühl, dass sich etwas tut und ich habe viele (wenn auch nicht alle) Tage bisher in Abstinenz verlebt. Ich habe ein größeres Bedürfnis danach, gut auf mich aufzupassen und schaffe es, mein Ego besser im Zaum zu halten. Ab und an drängt sich noch die Sucht in mir in den Vordergrund und ich handle, wie ich es gewohnt bin. Aber es klappt immer besser, Rücksprache mit meiner großen Schwester zu halten und anstelle des Süchtelns das zu tun, was gut für mich und mein Umfeld ist.
Es sind lehrreiche, aufregende und wohltuende Zeiten im Leben der MissInterpret.
Nach endlos scheinenden Monaten des Zögerns, des Leugnens und der Unzufriedenheit war ich soweit, mich wieder in psychotherapeutische Behandlung begeben zu wollen. Ich wartete also die Sprechzeiten des hiesigen AStA ab und sprach mit einer Dame von der psychologischen Beratungsstelle, die mir essentiell sagte: "Ihre Weigerung, ihr Problem anzugehen hat einen Grund. Ihr persönlicher Leidensdruck ist wohl noch nicht hoch genug - vielleicht muss tatsächlich erst ihre Beziehung in die Brüche gehen." Ich hätte sie am liebsten geohrfeigt für diesen Satz und war deshalb zunächst nicht mehr wirklich aufnahmebereit für das, was sie mir zu sagen hatte. Erst im Nachhinein und im Gespräch mit meinem Partner und Freunden habe ich dann festgestellt, dass sie auch etwas sehr wahres und wichtiges gesagt hat. Nämlich, dass sie sehr viel Angst bei mir wahrnimmt. Angst vor der Veränderung und den Auswirkungen auf mein restliches Leben, aufgrund derer ich es scheue, die Verantwortung für meine Genesung zu übernehmen. Darüber hinaus hat sie auch noch einige ziemlich unqualifizierte Äußerungen zu OA und Selbsthilfe gemacht aber wenigstens mit dem Aspekt der Angst hat sie ins Schwarze getroffen. Das hat mich nachdenklich gemacht. Ich würde mich selbst nie als ängstlich beschreiben. Mit diesen Gedanken trug ich mich eine Weile, um dann, an einem verregneten Freitag ohne klare Tagesplanung, den OA-Dokumentationsfilm des Bremer Meetings einzulegen.
Ich kann noch immer nicht genau sagen, was es war - aber nach Ende der DVD hatte ich das Bedürfnis, in OA Literatur zu lesen und blieb bald an der Arbeit in den 12 Schritten hängen. Und wo ich noch zwei Wochen zuvor klar mit nein geantwortet hatte (nämlich auf die Frage danach, ob man bereit sei, sein Leben zu verändern), antwortete ich jetzt mit JA. Nach kurzer Bedenkzeit fiel mir auch bald eine "höhere Macht" ein, mit der ich mich wohlfühle. Ich, die ich ziemlich areligiös aufgewachsen bin und mit dem Konzept des christlichen Gottes nicht viel anfangen kann, ich kann glauben, dass von jedem Menschen auf der Welt eine weitere, quasi "göttliche" Version existiert. Der Mensch, der MissInterpret sein könnte wenn sie keine Fehler hätte - die ideale Version meiner Selbst, mit meinen Charakteristika und Vorlieben aber ohne meine Macken. Auch das ist natürlich weit entfernt von Logik aber ein Konzept, das mir selbst noch so nahe steht, dass ich mich nicht durch irgendein fremdes, überirdisches Wesen "bevormundet" fühlen muss. Ich kann es trotz meiner üblichen Bockigkeit bei Bevormundung akzeptieren, wenn meine Idealausgabe, meine "große Schwester" wie ich sie zu nennen pflege, mich zurechtweist oder mir Ratschläge erteilt.
Es war mein Durchbruch. Endlich eine höhere Macht, die weiser, gerechter, liebevoller und vernünftiger ist als ich und die mir trotzdem nicht mit erhobenen Zeigefinger begegnet sondern mit Verständnis - sie ist ja schließlich so wie ich. Seit dem 8. Mai 2009 ist es, als wäre eine schwere Last von meinen Schultern genommen. Ich habe endlich das Gefühl, dass sich etwas tut und ich habe viele (wenn auch nicht alle) Tage bisher in Abstinenz verlebt. Ich habe ein größeres Bedürfnis danach, gut auf mich aufzupassen und schaffe es, mein Ego besser im Zaum zu halten. Ab und an drängt sich noch die Sucht in mir in den Vordergrund und ich handle, wie ich es gewohnt bin. Aber es klappt immer besser, Rücksprache mit meiner großen Schwester zu halten und anstelle des Süchtelns das zu tun, was gut für mich und mein Umfeld ist.
Es sind lehrreiche, aufregende und wohltuende Zeiten im Leben der MissInterpret.
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Samstag, 18. April 2009
Kraftlos ins Semester
missinterpret, 16:16h
Ich könnte heulen. Schon seit Dienstag fühle ich mich sehr unwohl. All die Ostersüßigkeiten in meiner Küche haben mich die Woche über in arge Schwierigkeiten gebracht. Ich habe gefressen, war gestresst und überfordert. Seit gestern insbesondere kommt die Frage bei mir auf: Überfordert von was? Das Semester hat soeben erst begonnen und doch habe ich das Gefühl, bis zum Hals in Anforderungen zu stecken. Ich muss rund 200 Seiten lesen, eine Übersetzung machen von der ich weiß, dass sie mir zu schwer ist, zwei kleine Aufsätze schreiben, meinen Nebenjob erledigen und mich um mein Privatleben sowie um OA kümmern. Das ist machbar, denn es muss ja nicht alles an einem Tag fertig werden. Trotzdem fühle ich mich matt und melancholisch. Da draußen laufen all diese hübschen Frauen in sexy Klamotten herum und mein Freund kommt nach Hause zu jemand, der sich am liebsten verkriechen und nichts wahrnehmen möchte. Ich will mich mit nichts beschäftigen, ich hasse meine Unfähigkeit in Spanisch. Ich bin gerade wirklich furchtbar negativ und in dieser Grundstimmung habe ich eben das Arbeitsbuch von OA aufgeschlagen und auf S. 16 gelesen: "Da meine Willenskraft meine erfolgslose Lebensweise nicht ändern kann, bin ich bereit, nach einer Kraft - größer als mein Ich - zu suchen, die meine geistige Gesundheit wiederherstellt?"
Die ehrliche Antwort lautet NEIN. Ich bin nicht bereit dazu, ich bin zu gar nichts bereit. Wie in aller Welt soll man das dem Geliebten erklären, dessen eigenes Glück so sehr von meinen Fortschritten abhängt? Wie kann ich bloß so gleichgültig ihm und mir selbst gegenüber sein?
Ich habe diesbezüglich zwar kein Fachwissen aber ich habe die Ahnung, dass sich so eine Depression anfühlen könnte. Oder bin ich einfach nur ausgebrannt? Ich weiß es nicht. Aber mein Zustand bereitet mir Sorgen.
Die ehrliche Antwort lautet NEIN. Ich bin nicht bereit dazu, ich bin zu gar nichts bereit. Wie in aller Welt soll man das dem Geliebten erklären, dessen eigenes Glück so sehr von meinen Fortschritten abhängt? Wie kann ich bloß so gleichgültig ihm und mir selbst gegenüber sein?
Ich habe diesbezüglich zwar kein Fachwissen aber ich habe die Ahnung, dass sich so eine Depression anfühlen könnte. Oder bin ich einfach nur ausgebrannt? Ich weiß es nicht. Aber mein Zustand bereitet mir Sorgen.
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